Cyankali § 218 – Friedrich Wolf

Zeitstück in 8 Akten.



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Inhalt des Stücks:

Zur Zeit der Wirtschaftskrise geht es Hete und ihrer Familie (der Vater ist tot) einigermassen gut. Sie kann in einem Büro putzen und ihr Geliebter Paul, der als Heizer eine relativ sichere Stellung hat, unterstützt sie. Z.B. steckt er ihr Lebensmittel zu, die er als Betriebsrat eigentlich verwalten sollte.
Für die beiden ist es sehr schwer, ein Privatleben zu haben, trotzdem wird Hete schwanger. Paul sichert ihr Unterstützung zu, aber Hete sieht die Ausweglosigkeit der Situation und sucht Wege, das Kind (bevor es leidet) abzutreiben. Verschärft wird die Situation durch die Aussperrung der Arbeiter im Werk, die zuerst Paul und dann auch Hete arbeitslos macht.
Der Hausverwalter Prosnik macht von Zeit zu Zeit Abtreibungen. Frau Klee möchte, dass er bei Frau Witt eine vornimmt. Er sträubt sich aber und sie springt zum Fenster hinaus. Hete hört, dass Prosnik weiss, wie eine Abtreibung vorzunehemen ist. Prosniks Motive scheinen nicht ganz lauter, er fasst Hete mehrmals an. Als Paul auftaucht, entwendet dieser Prosnik das Abtreibungsinstrument.
Beim kargen Abendessen spielt der Kuckuck auf der Militärgeige ein Arbeiterlied vor. Paul und sein Kollege Max bringen geklaute Esswaren. Hete ist es schlecht und Paul rät ihr, zum Arzt zu gehen. Die Polizei umstellt das Haus und er muss mit Max über das Dach fliehen. Als Mutter Fent von der Schwangerschaft erfährt, dreht sie durch und schickt Hete aus dem Haus.
Hete geht zum Arzt. Vor ihr ist eine reiche Dame dran, die ohne grössere Umstände das Gutachten bekommt, das für die Abtreibung nötig ist, Max, der sich krank schreiben lassen will, wird gesund und sogar zum Grabendienst fähig geschrieben und Hete erhält nur gute Worte. Als Hete dem Artzt Dr. Moeller vorwirft, dass er sie indirekt zu den Engelmacherinnen schicke, reagiert er mit Unverständnis und speist sie mit Hoffmannstropfen ab.
Max und Paul sind im Zeitungskiosk vom Kuckuck untergetaucht. Hetes Mutter sucht sie verzweifelt, weil sie ihre Reaktion bereut. Als sie weg ist, kommt Hete und will von Paul eine Abtreibung. Er kann ihr nicht weh tun und bricht ab. Hete versucht es darauf selbst.
Madam Heye, eine „professionelle“ und sehr vorsichtige Abreiberin willigt schliesslich ein, Hete „zu behandeln“ wenn sie sich später mit einem Greis abgebe, will aber das Risiko, eine bereits begonnene Abreibung weiter zu führen, nicht eingehen und gibt der verzweifelten Hete Cyankalitropfen mit. Bei Madam Heye erfährt Hete auch, das Paul verhaftet wurde.
Hete geht wie Madam Heye versprochen zur Mutter zurück, die sie pflegt und ihr auch die Tropfen gibt. Hete tut aber mehr als die verschriebenen fünf Tropfen ins Glas. Zwar löst das Cyankali die gewünschten Krämpfe aus, aber der alarmierte Artzt informiert die Polizei. Hetes Mutter wird verhaftet und weggeführt, obwohl ihre Tochter offensichtlich im Sterben liegt.

Friedrich Wolf: 1888-1953

Wolf studierte erst Kunst dann Medizin. Während dem 1. Weltkrieg war er Truppenarzt an der Westfront und 1918 Mitglied eines Arbeiter und Soldatenrates. 1928 trat er der KPD bei. Er hatte bereits einige Schriften veröffentlicht (Bühnenstücke und volksmedizinisches Hausbuch) als 1929 „Cyankali“ auf die Bühne kam.

Die Diskussion um den sogenannten „Abtreibungsparagraphen“ war zu dieser Zeit sehr aktuell. Das Stück wurde in den ersten zwei Monaten über hundert Mal aufgeführt, andererseits löste es auch Massenproteste aus. 1930 wurde das Stück verfilmt, Wolf war der Film zu kitschig, trotzdem wurde er mehrfach verboten. 1931 wird er gemeinsam mit Else Kienle wegen Verstössen gegen den §218 verhaftet. Es kommt zu Massenkundgebungen und vielen Veranstaltungen zum § 218.

1933 wird das Verfahren eingestellt weil Kienle in die USA „geflüchtet“ ist, Wolf geht in die Udssr ins Exil. Im Krieg arbeitet er auf sowjetischer Seite als Propagandist und schult Kriegsgefangene um. Nach dem II Wk. ist er Botschafter der DDR in Polen und schreibt weitere Stücke. Er stirbt 1953.
Cyankali ist laut Kästner ein „exemplarisches Tendenzstück“, laut Marcuse eine reine Waffe gegen den § 218, ohne den es keine Existenzberechtigung hätte. Brecht demonstriert an diesem Stück, dass Theaterstücke „aristotelischer Bauart“ (mit emotionalem Erlebnis) durchaus eine Wirkung haben könnten.

Weitere Biographien im Netz:


Text:

Friedrich Wolf. Cyankali § 218. Mit Materialien. Ausgewählt und eingeleitet von Michael Kienzle und Dirk Mende. Stuttgart 1998. (= Editionen für den Literaturunterricht. Dietrich Steinbach (Hg.)).


Weitere Links:

Materialien zur Zensur der Verfilmung. Korrespondenz und Zensurentscheide als pdf.
http://www.deutsches-filminstitut.de/filme/f015298.htm

Zum § 218.
Zurliterarischen Bedeutung Friedrich Wolfs (Text zu seinem 110. Geburtstag)
http://www.luise-berlin.de/lesezei/blz99_01/text03.htm




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Letzte Bearbeitung am 08.08.03 von Cornelia Steinmann.
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